Das war die Eröffnung der 77. Bregenzer Festspiele.
Mittwochvormittag war es wieder soweit. Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnete die 77. Bregenzer Festspiele. Taucht mit mir ein und erlebt die Magie am Bodensee.
Wie jedes Jahr stelle ich mir selbst die Frage: Wie viele und vor allem welche politische Botschaften dürfen und sollten in diesen Festakt mit hinein. Geht es darum, seine politischen Anliegen kundzutun oder geht es um die Kunst? Oder gibt es hier vielleicht doch einen gemeinsamen Nenner – eine unzertrennliche Linie?
„Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen, dass Sprache wieder zum Ausgrenzen verwendet wird“, so die Grundbotschaft von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der auch dieses Jahr nicht mit harter Kritik, besonders in Richtung der Populisten, gespart hat. Ausgrenzung – „wir“ oder „die Anderen“ – mit diesen Begrifflichkeiten hat er wohl auf die Auseinandersetzung zwischen ÖVP mit ihrer Ansage zu „normal denkenden Menschen“ und der Aussage der Grünen von wegen „präfaschistoid“ angespielt, ohne dies konkret zu erwähnen. „Hören Sie auf mit dem Ablenkungskampf um Begrifflichkeiten und Deutungshoheiten. Kämpfen Sie lieber um die besten Lösungen“, so die eindringliche Botschaft an die regierenden Parteien. Ebenso klar unterstrich er die Wichtigkeit der liberalen Demokratie und warnte vor einem autokratischen System.

Auch Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler warnte vor dem Populismus. Weltoffenheit, Zuversicht, Mut und Freude waren die wesentlichen Kernpunkte in seiner Rede. „Stärke durch Zusammenhalt statt Schwäche durch Spaltung“, so der eindringliche Appell des Vizekanzlers. „Wir haben keine Zeit zu verlieren, aber eben Chancen zu gewinnen.“

Ja – und hier ist sie wieder – die Frage, wie viel politische Meinungen und Appelle so ein Festakt braucht und verträgt. Politik und Kunst waren immer schon eng miteinander verbunden. Kunst kann und muss schließlich auch mehr als nur einfache Unterhaltung zu bieten. Sie kann aufklären, kritisieren, provozieren, Fragen stellen, oder eben doch auch einfach unterhalten. Doch wie ist es nun umgekehrt? Sollten Politiker:innen „die Kunst“ zum Zwecke der Verbreitung ihrer Botschaften nützen? Konstruktive Kritik ist gut und wichtig und sollte auch weiter einen Platz in diesem Rahmen haben, da hege ich keinen Zweifel daran. Dennoch sollte eines dabei nie zu kurz kommen – der eigentliche Grund, warum wir alle da waren – die Eröffnung der 77. Bregenzer Festspiele, die auch dieses Jahr wieder großartiges bieten.
Das Festival sei stolz auf seinen internationalen Ruf und insbesondere „auf die Neugier und Aufgeschlossenheit unserer Besucher“, so Festspielpräsident Hans-Peter Metzler. Das ist es, was den Bregenzer Festspielen jedes Jahr aufs Neue gelingt. Genau diese Neugierde und Aufgeschlossenheit der Besucher zu wecken. Man traut sich Dinge zu tun, die sich andere Festivals nicht trauen. Man spielt ein Programm, das man sonst nur sehr selten so erleben kann. Man bringt genau all die aktuellen Themen mit in das Programm ein, die uns jeden Tag beschäftigen. Und dennoch, trotz all der Dramen, Herausforderungen und Ängsten, die uns sowohl in den Geschichten, als auch persönlich begegnen, schafft man hier in Bregenz immer eines – zu unterhalten. Genau das ist auch für mich das wichtigste Element, das Kunst können muss.
Deswegen möchte ich mich in meinem Blog-Post hier nicht in politischen Botschaften verlieren, geschweige denn diese zu interpretieren und zu kommentieren.

Mir geht es darum, denjenigen eine Bühne zu bieten, die sie mehr als verdient haben und das sind all die unzähligen Mitwirkenden der Bregenzer Festspiele, unter dem Festspielpräsidenten Hans-Peter Metzler. Wie jedes Jahr, gelang es auch heuer wieder, ein Programm der Sonderklasse zusammenzustellen. Weltstars der Opernbühne singen neben talentierten Newcomern. Klassische Oper trifft moderne Inszenierungen. Die Bregenzer Festspiele begeistern alle und bieten für jeden und jede das passende Programm und wahrscheinlich ist es auch genau das, was diese Festspiele auch so erfolgreich macht.
„Für dieses Festakt zur Eröffnung würde ich auch Eintritt bezahlen.“ Genau das waren meine Worte am Ende der Eröffnung. Ein Festakt der wahrlich Lust auf mehr gemacht hat. Ein Festakt mit einem wundervollen, kurzweiligen und abwechslungsreichem Programm. Ein Best-of aus allem, was uns dieses Jahr erwarten wird.
Eines meiner Highlights ist auch immer die Moderation. Nikolaus Habjan sorgte mit seinem Handpuppen-Ehepaar Robert und Grete, wie in den vergangenen Jahren, für beste Unterhaltung und führte gekonnt und pointiert durch das Programm.
Die Wiener Philharmoniker sind ja ohnehin nicht mehr wegzudenken und haben auch diesmal diese Perfektion auf internationalem Top Niveau bewiesen.
Raúl Gutiérrez, Yuriy Hadzetskyy, Kady Evanyshyn, Sarah Shine, Lucas Cortoos, Timothy Veryser und Raoul Steffani gaben, unter der Dirigentin Claire Levacher ein Medley aus Werther von Jules Massenet zum Besten.
Das Recitativo und Cavatina des Ernani aus dem ersten Akt der Oper Ernani von Giuseppe Verdi sang Omer Kobiljak, unter dem Dirigenten Enrique Mazzola.
Auch ein ganz besonderer Moment der Eröffnung für mich war die Südafrikanische Kirchenhymne „Rea Ho Leboha“, gesungen von David Höfel, Lisa Klocker, Katleho Mokhoabane, Kamohelo Moshoaliba, Jakob Peböck, Mookho Rankhala und Victoria Türtseher sowie an der Conga Zuko Samela.
Barno Ismatullaeva und Annalisa Stroppa gaben, unter Dirigenten Enrique Mazzola das „Blumenduett“ aus dem zweiten Akt von Madame Butterfly von Giacomo Puccini zum Besten.
Warum ist es mir wichtig, das hier so konkret zu betonen und zu benennen? Weil es genau das ist, was ich bei anderen Festspielen beim Festakt so nicht erlebe. Eben anders sein, wie die anderen. Das ist es, was für mich die Faszination dieser Festspiele ausmacht und mich jedes Jahr wieder aufs neue nach Bregenz an den Bodensee führt.





Bis 20. August stehen am und auf dem Bodensee insgesamt über 70 Veranstaltungen auf dem Programm, für die rund 215.000 Karten aufgelegt wurden. Mindestens 90 Prozent der Tickets waren zu Festspielbeginn bereits gebucht. Den künstlerischen Auftakt des Festivals bildete am Mittwochabend die Premiere von Giuseppe Verdis Ernani als Oper im Festspielhaus. Die Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis Madame Butterfly als Spiel auf dem See war für Donnerstagabend programmiert. Für die 26 Aufführungen von Madame Butterfly gelangten 185.000 Karten in den Verkauf. Mit den Opernwerken The Faggots and Their Friends Between Revolutions sowie Die Judith von Shimoda stehen auch eine Österreichische Erstaufführung bzw. eine Uraufführung auf dem Programm. So sieht Vielfalt aus.
„Die Freude dürfen wir uns gerade in schwierigen Zeiten nicht nehmen lassen. … Nicht zuletzt deswegen lieben wir die Kunst“, sagte der Vizekanzler ganz richtig am Ende seiner Rede.
Festspielpräsident Hans-Peter Metzler griff einen Gedanken des Philosophen Hanno Sauer auf, wonach biologische und kulturelle Evolution „jeweils Sonderfälle eines allgemeinen Prinzips“ seien. Evolution im Verständnis der Bregenzer Festspiele heiße, „dass wir sowohl neue Wege beschreiten, Vielversprechendes ausprobieren als auch auf Bewährtes zurückgreifen, auf Erfolgreiches setzen“, so Metzler.
Seine Rede schloss er mit den treffenden Worten: „Lassen Sie sich inspirieren!“
Genau das ist es, was ich dann auch gleich am Abend bei der Opernpremiere von Ernani gemacht habe, aber dies ist wieder eine andere Geschichte …
Ich freue mich, dass ich auch dieses Jahr wieder Teil dieser ganz besonderen Eröffnung sein durfte und möchte mich auch ausdrücklich bei den Bregenzer Festspielen bedanken. Ich bin kein Redakteur einer wichtigen Zeitung, ich bin kein Kunstkritiker oder Kulturjournalist. Mir ist es wichtig, meine persönliche und ganz ehrliche Begeisterung für die Bregenzer Festspiele zu teilen, diese ins Gespräch zu bringen und meine Leser neugierig zu machen. Denn wer kulturell interessiert ist, sollte die Bregenzer Festspiele wirklich nicht verpassen.
Bereits jetzt freue ich mich schon auf die Eröffnung der Bregenzer Festspiele 2024.
Bis dahin folgt noch meine persönliche Opernkritik zu Ernani.
Neugierig geworden? Überzeugt euch gerne selbst. Es sind immer noch Restkarten für die einzelnen Programmpunkte zu haben.
Schaut einfach rein unter:
https://bregenzerfestspiele.com/de/karten/spielplan
Viel Spaß und auf bald in Bregenz,
Thomas Pail


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